Macht Silber 2020 das Rennen?
Eine Trend-Analyse
Nach einer fulminanten Rallye von Palladium im Jahr 2019 fragen sich die Investoren von Edelmetallen, wie es in 2020 wohl weitergehen könnte. Macht vielleicht Silber 2020 das Rennen? Oder geht es mit Palladium noch weiter aufwärts? Ein knapper Ausblick.
Ende des Jahres 2019 kratzte der Preis von Palladium an der 2.000er-Marke (US-Dollar/oz). Damit ist Palladium innerhalb von 3 Jahren um etwa 257% gestiegen. Dabei wurde die Nachfrage nach diesem Industriemetall stark durch die Automobilindustrie aus China und Europa getrieben. Gleichzeitig befürchtete eine Mehrzahl der Nachfrager, dass sich die Ressourcen von Palladium weiter verknappen könnten. Denn zeitgleich mit dem starken Preisanstieg kamen Minenproduktion und Recycling von Palladium mit der Nachfrage nicht mehr mit. Trotz all dieser positiven Vorzeichen reagiert die Mehrzahl der Ökonomen für 2020 eher zurückhaltend in Bezug auf eine weitere Palladium-Preisrallye.
Macht Silber 2020 das Rennen?
Im September 2019 erreichte Silber sein 3-Jahres-Hoch mit 20 US-Dollar/oz, brach bis Ende des Jahres dann aber wieder auf ca. 17,85 US-Dollar/oz ein. Damit ist Silber von seinem bisherigen Allzeithoch (50 US-Dollar/oz in 2011) weit entfernt. Der Angebotsüberschuss am physischen Markt wurde 2019 durch eine entsprechend hohe Nachfrage nach Silber-ETCs ausgeglichen. Die Zuflüsse von Silber-ETCs übertrafen den Angebotsüberschuss sogar deutlich. Die Zuflüsse sind dabei größtenteils im dritten Quartal 2019 erfolgt, als Silber gegenüber Gold besonders preiswert gewesen war. Seither hat sich die Nachfrage der ETC-Anleger spürbar beruhigt. Seit Mitte Oktober ergaben sich sogar nennenswerte ETC-Abflüsse. Dies könnte den moderaten Abfall des Silberpreises bis zum Ende des Jahres erklären.
Das auf Edelmetalle spezialisierte Research-Unternehmen Metals Focus bezifferte den physischen Silbermarkt 2019 in einer Studie auf 16,9 Millionen Unzen (525 Tonnen). Damit befindet sich Silber in einem Angebotsüberschuss. Die Nachfrage nach Silber macht vor allem Schmuck und Silberwaren sowie Münzen und Barren aus. Dabei verursacht die Industrie den höchsten Nachfrage-Anteil mit ca. 55%.
Die Mehrzahl der Edelmetall-Investoren rechnet nicht damit, dass sich eine derart starke Nachfrage nach Silber-ETCs in 2020 wiederholen wird. Zumindest die langfristig orientierten Investoren, die bei Silber Preispotenzial sehen, dürften mittlerweile nahezu alle investiert sein. Die Entwicklung der Industrienachfrage hängt stark von der Konjunkturentwicklung ab, und diese wiederum vom weiteren Fortgang der US-chinesischen Handelsgespräche. Gäbe es keine dauerhafte Einigung im Handelsstreit, sondern nur eine Beruhigung des Konflikts im Vorfeld der US-Wahlen, dürfte der Konflikt anschließend wieder aufflammen. Vermutlich bremst der aktuelle Handelskonflikt die industrielle Silbernachfrage. Zumindest verdeutlichten dies die in diesem Jahr um etwa 20% gesunkenen chinesischen Silberimporte. Wachstumspotenzial für die Nachfrage nach Silber sieht Metals Focus vor allem im Bereich der Automobilproduktion. Dort käme Silber aufgrund seiner herausragenden Leitfähigkeit vermehrt zur Anwendung.
Von großer Bedeutung für Silber ist auch die weitere Entwicklung in der Photovoltaik. 2019 schraubte der weltgrößte Produzent von Solarmodulen China die Subventionen für Solaranlagen zurück. Dies führte zu einem Einbruch der Neuinstallationen und einen Preiseinbruch bei Solarmodulen. Etwa 70 Prozent der weltweiten Solarzellenproduktion befinden sich in China. Dennoch stiegen die Neuinstallationen von Photovoltaik außerhalb Chinas. Dazu beigetragen haben dürften gesunkene Preisen für Solarmodule und der zunehmende gesellschaftliche Druck für eine emissionsfreie Stromerzeugung. Für 2020 könnte in den USA allerdings ein Nachfragerückgang nach Solaranlagen drohen, sofern Steuervergünstigungen für Investitionen dafür gekürzt würden. Der Kostendruck in der Solarindustrie dürfte angesichts der beträchtlichen Überkapazitäten anhalten, was für eine Reduktion des Silberanteils in den Solarzellen spräche. Vor diesem Hintergrund dürften von der Photovoltaik im nächsten Jahr kaum positive Impulse für die Silbernachfrage ausgehen.
Der Preisausblick 2020 für Silber fällt aus unserer Sicht somit gemischt aus. Silber könnte sich seitwärts bzw. im Windschatten von Gold moderat aufwärts bewegen.